Leicht gemacht: Schwertransporte
Für die Senkung des Kohlendioxidausstoßes könnten Verbundwerkstoffe wie Kohlefaser bald eine entscheidende Rolle spielen. Fahrzeuge aus Verbundwerkstoffen sind leichter und verbrauchen daher weniger Energie.Verbundwerkstoffe gibt es schon lange. In der Flugzeugindustrie wird Kohlefaser neben Stahl, Aluminium und anderen Werkstoffen seit vielen Jahren für den Rumpfbau eingesetzt. In ähnlicher Weise greifen Bootsbauer seit Jahrzehnten auf Glasfaserrümpfe zurück.
Ein Verbundwerkstoff definiert sich dadurch, dass er in der Gesamtheit mehr Güte und Festigkeit besitzt als die Summe seiner Komponenten.
Verbundwerkstoffe gibt es in verschiedensten Formen und Größen. In den meisten Fällen handelt es sich um eine lasttragende Faserverstärkung, die von einem Schutzmantel umgeben ist. Bei Kohlefaserverbundwerkstoffen werden die Kohlefasern je nach den gewünschten Eigenschaften des Werkstoffs in unterschiedlichen Mustern miteinander verwoben und anschließend mit einem Kunststoff verstärkt, der die Faser schützt und fixiert.
„Mit Verbundwerkstoffen soll bei bewegten Strukturen meist das Gewicht verringert werden, um den Energiebedarf zu verringern“, erklärt Malin Åkermo, außerordentliche Professorin für Leichtbaustrukturen an der Fakultät für Luftfahrt- und Fahrzeugtechnik der Königlichen Technischen Hochschule Stockholm.
Bisher lag das Problem mit Kohlefaser und ähnlichen Werkstoffen in den Kosten für die Rohstoffe, weshalb der fertige Verbundwerkstoff im Vergleich zu den meisten Metallsorten relativ teuer war. Mittlerweile jedoch wurden die Fertigungsverfahren so weit entwickelt, dass die Kosten zurückgehen. Gleichzeitig kommen in unterschiedlichen Regionen der Welt immer mehr Großserienprodukte zum Einsatz.
„Eine Großserienfertigung von Kohlefaserverbundwerkstoffen gibt es erst seit kurzer Zeit“, weiß Åkermo. „In der jüngeren Vergangenheit hat sich die Fertigung beispielsweise in Deutschland oder Großbritannien rasch weiterentwickelt. Auch die schwedischen Hersteller bauen immer mehr Fahrzeugteile aus Kohlefaser.“
Laut Åkermo ist die noch geringe Nachfrage ein Grund für die anhaltend hohen Kohlefaserpreise.
„Bis jetzt war ein geringerer Kraftstoffverbrauch nicht Motivation genug, um die Hersteller davon zu überzeugen, mit Kohlefaser leichtere Autos zu bauen. Aber da die EU-Vorschriften in Zukunft noch strenger werden, dürften die Produktionszahlen steigen.“
Das reduzierte Gewicht ist nur einer von vielen Vorteilen der Verbundwerkstoffe. Bei der Entwicklung neuer Werkstoffe lassen sich zusätzliche Funktionalitäten in das Materialsystem integrieren.
„Die spannendste Entwicklung findet gerade im Bereich der Multifunktionswerkstoffe statt“, sagt Åkermo.
„Ein gutes Beispiel sind strukturelle Batterien. Kohlefaser lässt sich nämlich mit Lithium-Ionen laden, sodass in Kombination mit dem passenden Kunststoff ein Werkstoff entsteht, der gleichzeitig als Energiespeicher und tragendes Bauteil dient.
Auch die Energieernte ist ein gutes Beispiel: Wir können Aktoren in den Verbundwerkstoff integrieren, die Vibrationen und Bewegungen in Energie umwandeln. Bei einem Flugzeug bewegen sich die Flügel im Flug leicht nach oben und unten. Die dabei entstehende Energie ließe sich etwa nutzen, um die Klimaanlage des Flugzeugs zu betreiben. Auf diese Weise gewinnt das Produkt an intelligenter Nutzbarkeit.“
Bei Verbundwerkstoffen und Stahl oder Aluminium gibt es große Unterschiede hinsichtlich der Verarbeitung. Bohren in Verbundwerkstoffen ist eine heikle Angelegenheit.
„Beim Bohren in Verbundwerkstoffen werden Kunststoffe und Fasern gleichzeitig getrennt“, erklärt Åkermo. „Die einzelnen Werkstoffe haben ganz unterschiedliche Steifigkeiten, sodass der weichere Kunststoff schnell beschädigt wird. Wenn der Druck zu groß ist, entstehen Risse zwischen den Schichten.“

Aufgrund der geringen Härte des Kunststoffs können auch Schrauben und Muttern nicht so verwendet werden wie bei Stahl oder Aluminium.
„Beim Fügen zweier Metallstücke wird per Drehmomentschlüssel ein Druck auf das Ende der Bohrung ausgeübt. Bei Verbundwerkstoffen lässt sich der Druck aufgrund des Kriechens aber nicht so einfach regeln, weshalb eine Muttern-Schrauben-Verbindung gewählt werden muss, die das Gefüge ohne Reibung am Werkstoff stützt.“
Besonders in der Automobilindustrie wird der Werkstoff oft verklebt statt gebohrt. Alternativ können größere Komplettteile gefertigt werden, die gar nicht erst zusammen gefügt werden müssen.
Tatsächlich wird bei Volvo derzeit daran gearbeitet, ein ausgewogenes, kostensparendes Verhältnis zwischen Bauteilkomplexität und Größe zu ermitteln.
„Es wurde versucht, einteilige Karosserien herzustellen, aber dafür braucht man sehr große Autoklaven, wie sie zum Beispiel in der Luft- und Raumfahrt für ganze Rümpfe eingesetzt werden“, meint Åkermo.
Die Autohersteller nutzen ihre Premiummodelle als Versuchsobjekte für die Herstellung von Kohlefaserfahrzeugen, indem sie einzelne Teile aus Kohlefaser verbauen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse für die weitere Entwicklung des Produktionsprozesses nutzen.
„Der i3 von BMW ist relativ teuer und besteht hauptsächlich aus Kohlefaserverbundwerkstoffen. Mittlerweile verbaut BMW Kohlefaserteile auch in den Säulen anderer Fahrzeuge“, sagt Åkermo.
Angesichts der schnelllebigen Welt des Transportwesens ist die Herstellung intelligenter, nachhaltiger Fahrzeuge für die geplanten Emissionssenkungen und Energieeinsparungen unvermeidbar.
Wenn sich der Trend fortsetzt, werden wir in Zukunft mehr intelligente Lösungen sehen.