INTELLIGENTE ZUKUNFT
Von verbesserten Diagnosen bis hin zum Lösen von Umweltproblemen – die künstliche Intelligenz wird unser Leben revolutionieren.
m Film „A.I.“ von Steven Spielberg aus dem Jahr 2001 nutzt die Menschheit die Dienste intelligenter Roboter, die wie echte Menschen aussehen und reden und sich natürlich bewegen. Sie verfügen über künstliche Intelligenz und wenn sie nicht arbeiten, denken sie über den Sinn des Lebens nach.
Von einem solchen Szenario sind wir zwar noch weit entfernt, aber wir erleben zurzeit einen Boom im Bereich KI. Immer ausgeklügeltere Computersysteme zeigen in bestimmten Bereichen Problemlösungskompetenzen, die denen von Menschen ähneln.
„Die KI-Transformation befindet sich noch in den Kinderschuhen“, so Martin Ford, Zukunftsforscher und Autor von „Architects of Intelligence: The Truth about AI from the People Building It“ aus dem Jahr 2018. „Aber es wurde bereits Erstaunliches erreicht. Beispielsweise gibt es im Bereich maschinelles Lernen Algorithmen, die Daten untersuchen und sich im Grunde selbst programmieren. Dabei werden ihnen keine schrittweisen Aktionen vorgegeben – sie machen das alles völlig selbständig.“
Die Definitionen sind zwar unterschiedlich, aber KI wird in der Regel als ein Computersystem definiert, das Aufgaben durchführen kann, für die normalerweise menschliche Intelligenz erforderlich wäre. Bei der so genannten „engen KI“ wird diese Intelligenz für bestimmte Funktionen eingesetzt, z. B. für die Datenanalyse oder zur Ausführung industrieller Anwendungen. Die „allgemeine KI“ ist heute noch Zukunftsmusik und bedeutet, dass Computer auf hochgradig menschenähnliche Weise schlussfolgern können und im Endeffekt vielleicht sogar Empfindungen und eigenes Bewusstsein entwickeln.
Welche Innovationen sind also in den nächsten 10 bis 20 Jahren für wichtige Lebensbereiche zu erwarten?
„Die KI-Transformation befindet sich noch in den Kinderschuhen.“ Martin Ford, Zukunftsforscher und Autor
GESUNDHEIT
Laut Martin Ford wird es in naher Zukunft wohl keine Roboterärzte und -krankenschwestern
geben. Trotzdem wird die KI in den kommenden Jahren erhebliche Auswirkungen auf den Gesundheitssektor haben. Eine vielversprechende Anwendung ist die Analyse von Röntgenbildern auf Anzeichen von Krebs und andere Krankheiten – was mit KI möglicherweise bald schon besser funktionieren wird als mit menschlichen Ärzten. „Ich glaube, dass es dann zwei Diagnosen geben wird, eine vom Radiologen und eine von der Maschine. Wenn die Befunde nicht übereinstimmen, sind weitere Tests erforderlich.“ Auch die bereits eingesetzten KI-Systeme zur Medikamentenausgabe werden nach Ansicht von Ford schon bald weiter ausgebaut.
Der Futurist Thomas Frey, Leiter der Ideenfabrik „DaVinci Institute“ in den USA, ist davon überzeugt, dass die Fähigkeit von KI zur Analyse von enorm großen Datenmengen zu einer sehr viel besseren Kenntnis des Körpers und von Krankheiten führen wird. Beispielsweise glaubt er, dass sich das Darmflora-Biom mithilfe von KI entschlüsseln lässt, was erheblich zur physischen und geistigen Gesundheit der Menschen beitragen würde.
Viele Experten prognostizieren tragbare KI-Diagnosegeräte zur Überwachung der Gesundheit. Frey ist der Ansicht, dass dies den Weg für implantierte Geräte eröffnen wird. „Irgendwann können wir den Menschen durch Technologie vielleicht von Depressionen und anderen extremen Emotionen befreien.“
INDUSTRIE
In industriellen Umgebungen werden Roboter schon seit langem genutzt, und sowohl Frey als auch Ford erwarten, dass diese Geräte in den kommenden Jahren dank KI noch erheblich intelligenter werden. Frey rechnet damit, dass KI-Roboter immer öfter Aufgaben übernehmen werden, die für den Menschen ein Risiko bergen, „beispielsweise Reparaturen an über 100 Meter hohen Windrädern, Prüfen von Stromleitungen oder Arbeiten an Hochöfen“.
Ford glaubt, dass KI-Maschinen in naher Zukunft die meisten Aufgaben in Fertigung
und Industrie übernehmen könnten: „Ich denke, dass diese Maschinen immer effizienter
werden, sodass sie letztendlich auch in vielen Bereichen Arbeitsplätze verdrängen werden, die bisher als nicht automatisierbar galten.“
Zu weiteren industriellen KI-Anwendungen gehören wahrscheinlich verbesserte Fertigungsprozesse, erhöhte Zusammenarbeit zwischen Robotern und Menschen in der Produktion sowie ein erhöhter Einsatz von intelligenten Sensoren, die Bediener informieren, wenn ein Gerät gewartet werden muss.
NACHHALTIGKEIT
Ford und Frey sind sich einig, dass die KI aufgrund ihrer Fähigkeit, riesige Datenmengen
zu verarbeiten, eine wichtige Rolle bei der Bewältigung von Umweltproblemen spielen wird. „Die KI wird eines unserer wichtigsten Tools in der wissenschaftlichen Forschung und Entwicklung sein“, so Ford. „In verschiedenen Klimawandelstudien wird künstliche Intelligenz bereits eingesetzt, und ich glaube, dass sie auch bei der Entwicklung neuer, sauberer Energien einen großen Beitrag leisten kann.“
Frey ist der Ansicht, dass die KI auch bei der Reduzierung der Umweltbelastung zum Einsatz kommen kann: „Die KI ist äußerst nützlich, wenn eine Million Datenpunkte bewältigt werden müssen. Ein Mensch mit einem Rechner kann dies unmöglich schaffen.“
Wo aber liegen die Grenzen der KI? Und besteht die Gefahr, dass sie eines Tages zu intelligent wird? Die von Ford für sein Buch befragten Experten nannten Zeiträume von 10 bis 200 Jahren, bevor die KI eine dem Menschen annähernd vergleichbare Intelligenz erreichen könnte, wobei die Einschätzung im Durchschnitt bei etwa 50 Jahren lag. Aufgrund der vielen unbekannten Faktoren lässt sich heute nicht eindeutig sagen, wie intelligent die Technologie in Zukunft sein wird.
Für Frey ist es zwar durchaus denkbar, dass Menschen versuchen könnten, die KI für böswillige Zwecke auszunutzen. Er kann sich aber nicht vorstellen, dass sich die KI irgendwann gegen uns wenden wird wie HAL, der Computer mit eigenständigem Bewusstsein im Film 2001: Odyssee im Weltraum: „Für mich besteht dieses Szenario nicht den Warum-Test. Warum würde die KI dies tun? Es gibt keine inhärente Motivation hierfür.“